Ein cGMP-Benchmark: Identisch oder nicht?
Qualitätskontrolle und Quality Control: Das Unvereinbare vereinbaren.
Kann die GMP-Qualitätseinheit eines Arzneimittelherstellers gleichzeitig den Vorgaben nach EU-GMP und den Anforderungen nach 21CFR210&211 (Quality Control Unit, US-cGMP) genügen? Besonders hinsichtlich des Leiters Qualitätskontrolle und des Leiters Qualitätssicherung treten hier Probleme auf.
Erstens hinsichtlich der Verantwortung für die Durchführung der analytischen Prüfung: Nach EU-GMP Leitfaden hat der Leiter der Qualitätskontrolle (LQK) die Verantwortung die Durchführung der analytischen Prüfung sicherzustellen.[1] Dies impliziert, dass Labor-prüfungen integraler Teil der Verantwortung und Tätigkeit der Qualitätskontrolle sind. Innerhalb der cGMP (USA) ist der Begriff ´Quality Control´ (QC) der ´Quality Control Unit´ (QCU) zugeordnet und wird als Qualitätssicherung für den Laborbereich angesehen (QC ≡ Quality Assurance des Labors).[2] Dazu kommt, dass nach der Präambel zum ´Code of Federal Regulations´ die QCU nicht an der eigentlichen Durchführung von Laborprüfungen beteiligt ist.[3] Das bedeutet also, dass der LQK (EU) für die Durchführung der Laborprüfungen Verantwortung trägt, der LQC (USA) als Teil der QCU vom Labor sogar unabhängig sein soll, ein klarer und kaum vereinbarer Gegensatz!
Zweitens besteht eine Spannung hinsichtlich der Hierarchie zwischen LQK/LQC und Leiter der QCU. Der LQC (USA) ist keine dedizierte Rolle analog des LQK nach EU-GMP, sondern letztlich dem Leiter der QCU gegenüber verantwortlich.[4] Häufig ist in der Praxis (EU) der ´Leiter der Qualitätssicherung´ (LQS) das Pendant zum Leiter der QCU. Nach EU-GMP Leitfaden ist der LQS jedoch eine optionale Funktion und dem LQK grundsätzlich nicht überstellt – damit wird u.a. verhindert, dass der LQK seine EU-GMP Verantwortungen entgegen dem Leitfaden auf den LQS überträgt.[5] Auch strukturell beseht hier also ein Gegensatz zwischen den Forderungen aus EU-GMP und den US-cGMP.
In Situationen in welchen beiden GMP-Kontexten Rechnung getragen werden muss (z.B. Herstellung in der EU, Vermarktung in den USA) ist daher mit Kritik zu rechnen, sowohl bei Europäisch-nationalen als auch bei FDA-Inspektionen.
Gibt es Wege heraus aus diesem Dilemma? Unserer Erfahrung nach, Ja! Anbei eine grundsätzliche Empfehlung zur Abhilfe: Bilden Sie in Ihrem Dokumentationssystem die Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten Ihrer Qualitätseinheit so transparent wie möglich, und seien Sie sich über die begrifflichen Unterschiede (EU gegenüber USA) genau bewußt. So steigen Ihre Chancen in einer Inspektion Ihr System trotz Differenz zwischen EU und USA erfolgreich zu verteidigen.
[1] EUROPEAN COMMISSION HEALTH AND CONSUMERS DIRECTORATE-GENERAL EudraLex The Rules Governing Medicinal Products in the European Union Volume 4 EU Guidelines for Good Manufacturing Practice for Medicinal Products for Human and Veterinary Use, Part 1, Chapter 2: Personnel, 2.8 ii, August 16, 2013, http://ec.europa.eu/health/files/eudralex/vol-4/2014-03_chapter_2.pdf.
[2] U.S. Department of Health and Human Services Food and Drug Administration Center for Drug Evaluation and Research (CDER) Center for Biologics Evaluation and Research (CBER), Center for Veterinary Medicine (CVM), Office of Regulatory Affairs (ORA), Guidance for Industry Quality Systems Approach to Pharmaceutical CGMP Regulations, September 2006, accessed January 19, 2015, http://www.fda.gov/downloads/Drugs/…/Guidances/UCM070337.pdf.
[3] US Food and Drug Administration, 91. Title 21–Food and Drugs, Preamble to CHAPTER I–FOOD AND DRUG ADMINISTRATION DEPARTMENT OF HEALTH, EDUCATION, AND WELFARE SUBCHAPTER C–DRUGS: GENERAL [Docket No. 75N-0339] HUMAN AND VETERINARY DRUGS Current Good Manufacturing Practice in Manufacture, Processing, Packing, or Holding, effective March 28, 1979, sec. 91.
[4] U.S. Department of Health…, Guidance for Industry Quality Systems Approach…, September 2006..
[5] Der EU-Leitfaden gestattet, dass LQK und LQS gemeinsam Verantwortungen tragen.